Der Umgang mit den Dingen ist eine Ausdrucksform des Individuums, über die es mit seiner Umwelt interagiert, sie gleichzeitig für sich erschließt und sich dadurch selbst konstituiert. Unser Interesse besteht in der Sensibilisierung für das, was uns physisch umgibt. Unter der Annahme, dass der Mensch sich Subjekt und Objekt zugleich ist, sich über das Dingliche dokumentiert und definiert, untersuchen wir das Ding als sachliche und symbolische Erweiterung von Persönlichkeit.
Über Juan Guse und sein schönstes Ding.
Textaufgabe
Sie sollen funktional und biografisch sein, sie sollen Witz haben und oberflächlich sein, aber im Sinne der Form. Sie sind überall und die Arbeit, die darin steckt, zeigt sich oft nur in Kleinigkeiten, die den Unterschied ausmachen. Sie sind durch diese Arbeit und Mühe lebendig, das Denken des Herstellers wird sichtbar.
Sie sind interessant, als Schönstes ein Witz oder eine Geste. Sie sehen aus wie Baumkäfer, Baumkäfer riechen nach Marzipan. Nicht die Farbe ist schön, Lebensmittel sehen dumm aus. Wie Leute ihr Essen fotografieren, immer wieder, das verstehe ich nicht. Sie sind flach, das finde ich gut. Sie schmecken gut. Sie sind klein und doch in einer großen Menge vorhanden. Sie gewinnen in Masse an Schönheit. Schönes wird Gutes.
Möglicherweise haben sie einem von einer Lawine Verschütteten das Leben gerettet. Vielleicht dienten sie als Zutat für einen Kuchen, der mit der Oma gebacken wurde. Ernst oder banal. Wobei etwas Banales auch schön sein kann.
Es ist uncool und prätentiös, sie so zur Schau zu stellen. Ich sortiere sie oft um, zum Beispiel alphabetisch oder nach Erscheinungsdatum. Ich betrachte sie aus der Entfernung und schaue, ob sie stimmig sind. Das Umsortieren macht mich nervös. Ich verleihe sie nicht, weil ich Angst habe, sie nicht zurückzubekommen. Mein Eigenes steht hier nicht, das wäre mir unangenehm, so als würde man ein Bild von sich selbst aufhängen. Sie dienen nicht der Inspiration und spielen für mein Schreiben keine Rolle.
Er erfüllt alles, ist ästhetisch, biografisch, funktional. Er macht vieles richtig. Er ist meine Vorstellung von genauem Arbeiten. Er ist, wie ich sein möchte, unauffällig. Trotzdem gibt er sich Mühe. Er ist ein bisschen besser als normal. Er ist verdammt bequem.
Juan S. Guse ist Schriftsteller. Sein Debütroman Lärm und Wälder erschien letzten Herbst im S. Fischer Verlag. Er sprach mit uns über Dinge, Kürbiskerne im Glas, Bücher und seinen Schreibtischstuhl. Jetzt gerade sind seine Bücher nach Verlag und Ausgaben sortiert und alle Bücher, die zusammenstehen haben die gleiche Höhe. An der Wand über dem Schreibtisch hängen viele Bilder in unterschiedlichen Größen und Farben, aber in ähnlichen Abständen. Vor dem Tisch steht der Stuhl, den sein Vater für sein Maschinenbau-Studium komplett renoviert hat. Dänisches Design aus den 60ern und sein großes Vorbild.