Gespräch mit Bettina Eschenhagen
Am 8. Mai 2017 wurde die Lektorin und Übersetzerin Bettina Eschenhagen zu einer Sitzung des Seminars Literaturbetriebswirtschaft im Literaturinstitut Hildesheim eingeladen. Sie erzählte Studierenden des Fachbereichs für Kulturwissenschaften und ästhetische Kommunikation von ihrer Arbeit. Das Interview wurde von Katharina Harter und Nadiah Riebensahm geführt und von anderen Seminarteilnehmer*innen mit eigenen Nachfragen ergänzt.
Schon Mitte der 80er war es schwierig, einen Fuß ins Lektoratsgeschäft zu bekommen. München und New York waren damals die größten Verlagsstädte der Welt. Nach einem Volontariat bei einer Fachzeitschrift wagte Frau Eschenhagen den Sprung in einen Münchner Reisebildbandverlag. Anschließend zog es sie zurück in den Norden und es folgten viele Jahre im Gerstenberg-Verlag in Hildesheim. Inzwischen hat sie sich als freie Lektorin und Übersetzerin selbstständig gemacht.
Gar nicht mal so leicht der Übergang jetzt auf die Seite der Übersetzer*innen („mein Name steht im Innentitel“), denn Lektor*innen sind eher im Hintergrund aktiv („die Lektoren stehen in der zweiten Reihe“). Lektor*innen sitzen auch zwischen den Stühlen: Fotograf*in oder Autor*in auf der einen Seite, der Verlag auf der anderen.
Es geht auch um Frauen im Literaturbetrieb. Von den 106 größten Verlagen in Deutschland werden lediglich 6% von Frauen geleitet – dabei sind 80% der Beschäftigten in der Buchbranche insgesamt Frauen. Es geht um Netzwerke und deren Bedeutung. Die Jungen Verlagsmenschen setzen sich z.B. für eine bessere Bezahlung von Praktikant*innen ein, und dafür, dass Volontariate den Namen Ausbildung wieder verdienen. Für Übersetzer*innen gibt es den VdÜ und BDÜ, für Lektorierende den Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren (VFLL) und für Frauen die Bücherfrauen, an deren Gründung 1990 Bettina Eschenhagen beteiligt war.
Wir sprechen über die Unplanbarkeit von Bestsellern, die Kinderlosigkeit von Frauen in der Buchbranche (nur 31% haben Kinder, unter den Akademikerinnen insgesamt sind es über 60%), den Gender-Pay-Gap (23%), das Erlernen des Lektoratsberufs im Studium, notwendige Fähigkeiten (Zeitmanagement), die Entwicklung vom Lektor zum Projektmanager, die Zuarbeit von freiberuflichen Lektor*innen, die Arbeitsbedingungen im Volontariat und Schwierigkeiten in die Künstlersozialkasse aufgenommen zu werden. Hier hilft der Verein Freie Wildbahn.
Karrieretips für die lukrativsten Arbeitsbereiche des Literaturbetriebs gibt es auch. Mit dem Geldverdienen ist es als Autor*in, im Verlag oder vertreibenden Buchhandel eher schwierig, aber für diejenigen mit ästhetischen oder technischen Neigungen… auf in die Herstellung!
Einige Lektüren:
Edda Ziegler: Buch Frauen. Frauen in der Geschichte des deutschen Buchhandels
Hans-Helmut Röhring: Wie ein Buch entsteht. Eine Einführung in den modernen Buchverlag
Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren e.V.: Leitfaden freies Lektorat