Es geht um nichts Kleines. Es geht um Paul & Paula, es geht um den Vater in der Tochter, es geht um Missbrauch und Liebe, es geht um Gesang und Ekstase statt um Sprechen und Diskursivität. Es geht um mystisches Erkennen, und das sieht manchmal wie Pornografie aus. Es geht um Prosa im Flattersatz, Gereimtes & Gerapptes. Es geht um den Punkt, von dem aus Es sich öffnet.
Es ist die Bühne des Vaters, der sich ausspricht. Birgit Kempker verlangt nicht wenig vom Leser, von der Leserin – allem voran dieselbe Offenheit, das Stimmenhören, die schnelle Beweglichkeit zwischen Sprachkonstruktion und Lebenskonstruktion, die auch ihre Texte aufweisen. Und dazu die Gewissheit, dass die Sexualität der Angelpunkt ist.
»Es geht um Auseinandersetzung mit Sprachspielen, in denen sich seit den Mythologien der Antike bis hin zu den modernen Diskursen der Obszönität die Annäherung an das Begehren vollzieht. Das sich über 200 Seiten erstreckende Prosa-Poem changiert unruhig zwischen Lyrik und Prosa, Gebetrsformel, Rap-Reim und rüdem Fluch.« (Michael Braun, Basler Zeitung)
»Wenn sich Birgit Kempkers gierige, mahlende, krachende Wortmaschine einen literarischen Text einverleibt, dann kommt auf der anderen Seite meist handfester virtueller Sex oder eben Sehnsucht im Hyperbett heraus. Doch wie immer in Kempkers Texten verflüssigt sich das Hauptthema schnell in einem Meer aus Stimmen die sich wie Wellen (…) über dem ursprünglichen Textsinn brechen, (…) wechselt auch der Tonfall zwischen Litanei, Klagegesang, Rap, Gebet und Verwünschung (…) bis alles zu einer wilden Beschwörungsformel gegen das Böse verschmolzen ist.« (Neue Zürcher Zeitung)
«Das Auffallende und zugleich Faszinierende an Birgit Kempkers Texten ist die fortwährende Umwandlung komplizierter Gefühlslagen in nichts als Sprache», schrieb Martin Zingg in der Neuen Zürcher Zeitung. Und was da verwandelt wird, ist Sex in allen Lebenspositionen und Gefühlslagen. Bei Kempker aber gilt immer: Die Lust im Text ist die Lust am Text; so auch in ihrem neuesten Prosawerk Sehnsucht im Hyperbett, ein transverfickter Diskurs (Droschl, 2008).
Birgit Kempker wurde in Wuppertal geboren und lebt seit vielen Jahren in Basel. Prosa, Essay, Hörstücke, Texte für die Kunst, Ausstellungen, Vorträge. Dozentin für Wort und Bild an der Hochschule für Gestaltung HGK Basel und seit 1990 Einrichtung und Betreuung des Faches Sprache/Literatur in der F+F, Kunstschule Zürich. Ihre performativen Auftritte, in denen sie mit Gestik, Mimik und Stimmbändern die Sprache ihrer Texte wieder Körper werden lässt, sind legendär. Zuletzt veröffentlichte sie «Scham/Shame», eine Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Dichter Robert Kelly (Urs Engeler Editor, 2004).
Wolfram Groddeck, Professor für neuere deutsche Literatur an der Universität Zürich, gibt eine Einführung.
Aufgenommen am 04.02.2009 im Literaturhaus Zürich.